Homepage » QM-Klischee » QM-Klischee im August 2018: “Die Akkreditierungsnorm ISO 50003 ist nur für Auditoren und Zertifizierungsstellen relevant.”
“Die Akkreditierungsnorm ISO 50003 ist nur für Auditoren und Zertifizierungsstellen relevant.”
Herr Rhein, die ISO 50003:2014 “Energiemanagementsysteme – Anforderungen an Stellen, die Energiemanagementsysteme auditieren und zertifizieren” spricht schon im Titel gezielt Auditoren und Zertifizierungsstellen an. Die logische Schlussfolgerung für Organisationen, die ihr Energiemanagement-System zertifizieren lassen möchten, ist da doch, dass sie die Norm nichts angeht und daher bei der eigenen Vorbereitung auf eine ISO-50001-Zertifizierung bzw. ISO-50001-Rezertifizierung außen vor bleiben kann.
Sie hingegen empfehlen diesen Organisationen nicht nur einen genaueren Blick in die Inhalte der ISO 50003, sondern warnen sogar davor, sich nicht darum zu kümmern, was dort seit der Revision gefordert wird. Warum?
Korrekt ist, dass die ISO 50003 die Anforderungen an Stellen formuliert, die Energiemanagementsysteme (EnMS) auditieren und zertifizieren. Also Zertifizierungsstellen von EnMS und nicht die zertifizierten Organisationen selbst. Allerdings wird bei näherem Hinsehen deutlich: Bestimmte Anforderungen, die die neue ISO 50003 enthält, haben mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf die nach ISO 50001 zertifizierten Organisationen.
Ganz konkret sind von den Neuerungen der ISO 50003, die in der deutschen Fassung bereits im November 2016 erschienen ist, alle Organisationen betroffen, die ein Energiemanagementsystem nach der ISO 50001:2011 implementiert haben und für die nun eine Rezertifizierung ins Haus steht oder die in der Zukunft eine ISO-50001-Zertifizierung anstreben.
Drei wesentliche Änderungen gegenüber der bisherigen Regelung (DAkkS-Regel 71 SD 6 022) fallen dabei ins Auge. Lassen Sie uns gleich mit dem Punkt beginnen, der eine signifikante Verschärfung bedeutet:
1. Eine kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung muss sichergestellt und nachgewiesen werden
Um eine Zertifizierung nach ISO 50001 zu erlangen oder aufrecht zu erhalten, müssen künftig bei jedem Audit Nachweise über die fortlaufende Verbesserung der energiebezogenen Leistung erbracht werden. Auditoren sind nach der neuen ISO 50003 angehalten, den Zertifizierungsgesellschaften gegenüber Nachweise über die Erfüllung der ISO 50003 zu erbringen.
Wer – wie es in der Vergangenheit tatsächlich zu oft gelebt wurde – im Rahmen der ISO 50001 Kennzahlen um der Kennzahlen willen erhebt, aber keine Nachweise zur tatsächlichen Verbesserung der energetischen Leistung erbringen kann, wird seine Zertifizierung verlieren – zumindest, wenn sich der Auditor an seine Vorgaben hält. In diesem Jahr gab es bereits mehrere bekannt gewordene Fälle, in denen Auditoren keine Empfehlung zur Aufrechterhaltung der ISO-50001-Zertifizierung ausgesprochen haben, weil die zertifizierten Organisationen quasi so weitergemacht haben “wie bisher”.
Und genau dieses “Weiter-wie-bisher” funktioniert aufgrund der signifikanten Verschärfung der Anforderungen in der ISO 50003 nicht mehr. Also tut jede Organisation mit zertifiziertem Energiemanagementsystem gut daran, exakt herauszufinden, was sich konkret ändert. Dass die Nachweisführung nicht nur erfolgen muss, sondern auch quantifizierbar sein muss, stellt die eine oder andere Organisation sicher vor größere Herausforderungen, die es pro-aktiv anzugehen gilt.
Zunächst brauche ich einen Bezugspunkt, auf den ich meine kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung aufbaue. Bei einem Neustart ist dieser Bezugspunkt die sogenannte energetische Ausgangsbasis (EnB), die es in einem ersten Schritt zu erfassen gilt. Bei bereits ISO-50001-zertifizierten Organisationen ist es der vorhergehende Betrachtungszeitraum. Mittels sinnvoller Energieleistungskennzahlen (EnPI), die zunächst definiert und dann kontinuierlich erhoben und verifiziert werden müssen, wird die geforderte Nachweisführung zu erfolgen haben. Die Parameter abzubilden, die Auswirkungen auf den Energieverbrauch haben können und schließlich die Leistungskennzahlen bilden, ist bereits eine sehr komplexe Anforderung. Auf einem anderen Papier steht dann allerdings noch, wie es Organisationen gelingt, ihre energierelevante Prozesse strategisch zu optimieren, um die geforderte fortlaufende Verbesserung der energiebezogenen Leistung sicherzustellen! Das wird sicher spannend.
Die beiden weiteren maßgeblichen Änderungen mit Auswirkungen auf die ISO-50001-Zertifizierung lesen sich vor diesem Hintergrund eher wie Randnotizen:
2. Bei der Festlegung der Auditzeit greifen neue Kalkulationsvorgaben
Nach der neuen Systematik, die die ISO 50003 vorsieht, können sich Auditaufwand und Auditdauer maßgeblich ändern. Abhängig ist das Ganze nämlich ab sofort von verschiedenen in der Norm definierten Faktoren wie zum Beispiel der Anzahl der Mitarbeiter, die für das Energiemanagement wesentlich sind, oder dem sogenannten Komplexitätsfaktor, in den wiederum Punkte wie die Anzahl der Energiequellen und Energieträger sowie der Energieverbrauch einfließen.
3. Die Auditorenzuordnung basiert künftig auf Kompetenznachweisen für insgesamt acht technische Bereiche
Die Auditorenkompetenz wird neu bewertet. Unter Umständen wird der Organisation daher für die Durchführung der ISO-50001-Zertifizierung ein neuer Auditor zugeteilt. Hintergrund ist, dass statt der bisher zwei Sektoren jetzt acht technische Bereiche definiert wurden, denen die einzelnen Unternehmen zugeordnet werden. Auditoren können nur noch die Organisationen auditieren, die in einen technischen Bereich fallen, zu dem sie branchenspezifische Kompetenzen nachgewiesen haben.
Mein Fazit: Spätestens nach dem Ende der Übergangsfrist, gemäß der bestehende ISO-50001-Zertifizierungen maximal bis zum 13. Oktober 2020 gültig sind, werden nur noch Energiemanagementsysteme nach ISO 50001 zertifiziert, die es dem Auditor ermöglichen, die Anforderungen der ISO 50003 als erfüllt zu bewerten. Den meisten Organisationen bleibt allerdings nicht mehr so viel Zeit, weil vorher eine Rezertifizierung ins Haus steht. Es ist also sinnvoll, sich zeitnah mit den Anforderungen und Änderungen, die die ISO 50003:2014 mit sich gebracht hat, vertraut zu machen und diese vor allem umzusetzen.
Energiemanagementsystem (EnMS)
Mit der Einführung eines Energiemanagementsystems ermitteln Organisationen nicht nur ihren genauen Energieverbrauch, sondern ziehen daraus vor allem Ansatzpunkte, wo und wie Ressourcen eingespart werden können. Wesentlicher Bestandteil eines implementierten EnMS ist die regelmäßige Überwachung der energetischen Kennzahlen durch Datensammlung sowie der Datenabgleich mit energetischen Bezugspunkten und Zielwerten, um letztlich die Optimierung vorhandener Anlagen und Prozesse voranzutreiben.
Bei den zertifizierten Systemen unterscheidet man EnMS, die den Anforderungen der DIN EN ISO 50001 an ein systematisches Energiemanagement gerecht werden, sowie EnMS, deren Grundlage das Umweltmanagementsystem EMAS und die ISO 14001 bilden.
ISO 50001
Im Dezember 2011 wurde die ISO 50001:2011 veröffentlicht und löste in Deutschland im April 2012 die bis dahin gültige DIN EN 16001:2009 “Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung” ab. Eine Revision der Norm ist in Arbeit und wird spätestens für Anfang 2019 erwartet. In der ISO 50001 werden Anforderungen festgelegt, die Organisationen bei der Einführung und Verbesserung eines Energiemanagementsystems erfüllen müssen, wenn sie eine ISO-50001-Zertifizierung anstreben. Die Norm will Organisationen durch diese Vorgaben für ein systematisches Energiemanagement dabei unterstützen, ihre energiebezogene Leistung kontinuierlich zu verbessern.
ISO 50003
Die ISO 50003 wurde im Oktober 2014 veröffentlicht und ist im November 2016 in der deutschen DIN ISO 50003 Fassung unter dem Titel “Energiemanagementsysteme – Anforderungen an Stellen die Energiemanagementsysteme auditieren und zertifizieren” erschienen. Auch wenn sich die Norm in erster Linie an Auditoren und Zertifizierungsstellen richtet, sind auch zertifizierte Organisationen mittelbar wie unmittelbar von der ISO 50003 betroffen. Eine der wesentlichen Verschärfungen liegt in der Anforderung, künftig bei jedem Audit einen Nachweis über die fortlaufende Verbesserung der energiebezogenen Leistung der Organisation vorzulegen, um die Zertifizierung nach ISO 50001 aufrecht zu erhalten.

So unterstützt die Rhein S.Q.M. GmbH
Wir bieten zur DIN EN ISO 50001 individuelle inhouse-Beratung und Zertifizierungsvorbereitung. Aufgrund fundierter Erfahrungen sind unsere Energiemanagement-Spezialisten zu allen ISO-50001-Fragestellungen ansprechbar.
Unsere weiterführenden Informationen zur ISO 50001:
Aktuelles
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