Homepage » QM-Klischee » QM-Klischee im Juni 2018: “Durch Seminare und Lehrgänge wird man zum Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB).”
“Durch Seminare und Lehrgänge wird man zum Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB).”
Herr Rhein, in Ausschreibungen von Lehrgängen wird durchaus die Erwartung geweckt, dass man durch die Teilnahme zum QMB ausgebildet wird. Sie halten das für ein gefährliches Klischee. Warum?
Es ist eigentlich ganz einfach: Durch Lehrgänge wird man nicht zum Qualitätsmanagementbeauftragten, sondern benannt und betitelt wird man als solcher durch die Leitung der Organisation – und befähigt wird man als QMB leider erst durch Erfahrung.
Wer also das Karriereziel Qualitätsmanagementbeauftragter verfolgt, sollte nicht auf Scheine und Zertifikate fokussieren, die es natürlich zuhauf gibt. Denn man kann durch einen Lehrgang theoretisch zwar über die Aufgaben eines QMB informiert werden und theoretisch auch die Inhalte zugrunde liegender Standards und Normen kennenlernen, aber man wird dadurch noch lange nicht für die Aufgaben in der Praxis befähigt. Man sollte sich also vielmehr die Frage stellen, wie man in kurzer Zeit möglichst viel Erfahrung sammeln kann, die einem später als QMB eine qualitativ hochwertige Arbeit ermöglicht.
Sprich: Die Laufbahn eines QMB beginnt nicht als QMB! Man sollte vorher in Organisationen schon viel gesehen und erlebt haben. Wichtig ist dabei die Erfahrung insgesamt, also zum Beispiel in der Branche, im Kontext, im Umfeld. Qualitätsmanagement ist selten branchenübergreifend gleich. Wenn ich also in einem technischen Umfeld bin, macht es viel mehr Sinn, vorher eine Ingenieurs-, Produktions- oder Entwicklerlaufbahn genossen zu haben als als Qualitätsmanagementbeauftragter in einer anderen Branche gearbeitet zu haben!
Leider stellen wir in der Praxis fest, dass die Auswahl von QMB häufig oberflächlich erfolgt. Nochmal: Der erfolgreiche Job hängt nur wenig von theoretischem Wissen ab, dafür sehr viel von Erfahrung und genauso viel von methodischen sowie persönlichen Fähigkeiten. Zu letzteren gehört das, was man oft als typische Schlagworte in einer job description bei Querschnittsfunktionen findet, unter anderem also eine schnelle Auffassungsgabe, die Fähigkeit, klare und kurze Botschaften zu vermitteln oder fit zu sein in allen Office-Anwendungen. Oft wird trotzdem nach vermeintlich formeller Qualifikation – also Scheine und Zertifikate – entschieden.
Wenn ich dann als QMB – nur mit Schein, aber ohne Erfahrung – einfach ins kalte Wasser geworfen werde, wie es in den meisten Fällen tatsächlich passiert, verbrenne ich innerhalb relativ kurzer Zeit. Und zwar, weil ich entweder als QMB meine Ziele nicht erreiche, weil tatsächlich auch fachliche und methodische Fehler gemacht werden oder schlicht und einfach, weil mein internes Standing schlecht ist und ich nicht wertgeschätzt werde. Spätestens aus dem ersten internen Audit gehen unerfahrene QMB abgestempelt als Theoretiker raus, die – aus Sicht mancher Interviewpartner- “dämliche” Fragen stellen und eigentlich “keine Ahnung” von dem haben, was sie machen.
Es ist für mich auch nicht wirklich verwunderlich, dass zum Beispiel bei der Google-Suche viele Anfragen nach “QMB-Ausbildung” (aktuell deutschlandweit 390 pro Monat), zu verzeichnen sind. Denn jedes zertifizierte und viele nicht zertifizierte Unternehmen berufen einen QMB – und der muss aus der Not heraus nun überlegen, wie er diese neue Rolle am besten ausfüllen kann.
Als Qualitätsmanagement-Beratung, die sich auch QM-Weiterbildung im Rahmen der Qualitätsakademie auf die Fahnen geschrieben hat, haben wir einen eigenen Ansatz, wie wir Qualitätsmanagementbeauftragte an ihren Job heranführen – denn genau das ist essentiell für den Erfolg.
Sprich: QMB-Ausbildung machen wir auch bei der Rhein S.Q.M. GmbH – aber eben anders, als man es sich landläufig vorstellt.
Unsere bisherigen Kunden würden es als begleitetes “training on the job” oder sogar eher “coaching on the job” beschreiben. Das Konzept dahinter lässt sich in drei Stufen unterteilen:
1. Zunächst erfolgt eine Anleitung inhouse, also vor Ort am Arbeitsplatz, durch einen erfahrenen Coach, die durchaus ein paar Tage in Anspruch nehmen kann.
In diesem Step geht es um Qualitätsmanagement-Normen und -Standards, eine klare job description, den Einblick in die Aufbau- und Ablauforganisation, das Sichten und Verstehen vorhandener Kennzahlen und Trends, um schließlich herauszufinden, wo konkret der Schuh drückt. Einige Fälle aus dem Aufgabengebiet werden in dieser Phase gemeinsam bearbeitet. Es geht also im Prinzip um eine begleitete Einarbeitung in die Tätigkeiten des QMB.
2. Daran schließt eine sehr enge Coaching-Phase an, bei der zu Beginn in höherer Frequenz ein Austausch stattfindet.
Hier geht es darum, den QMB anzuleiten und mit ihm nicht nur Fachfragen zu Themen, sondern vor allem auch konkrete Fragen aus dem Organisationskontext zu besprechen, zum Beispiel:
- Wie soll ich in dem Fall, den ich vorliegen habe, ganz konkret agieren – und zwar innerhalb und außerhalb der Organisation?
- Wie und wo beschaffe ich mir bestimmte Informationen am besten?
- Wie kläre ich Fragen intern?
- Wie bringe ich meiner Organisation (meinem Unternehmen) durch meine Tätigkeit einen für die Schnittstellenfunktionen spürbaren “Mehrwert”?
- Wie agiere ich nach Extern gegenüber Kunden, Lieferanten und Zertifizierungsgesellschaften?
- Habe ich mich in einer bestimmten Situation richtig verhalten bzw. wie hätte das der Coach gelöst?
3. Nachdem die Grundlagen gelegt sind, reicht ein punktuelles, bedarfsbezogenes Coaching aus.
Hier trifft man sich nur noch zur Klärung bestimmter Fragestellungen oder führt bei Bedarf zu einzelnen Themen einen Workshop durch. In dieser Phase läuft die Sache schon rund, und der Qualitätsmanagementbeauftragte gewinnt mit seiner Herangehensweise und seinen Ergebnissen die entsprechende Wertschätzung in der Organisation.
Wir empfehlen bei der QMB-Ausbildung also ein kurzes Inhouse-Seminar mit Coaching und anschließender Begleitung bei der Einarbeitung in den Job.
Natürlich stellen sich Organisationen bei dieser Vorgehensweise schnell die Frage nach den Kosten der QMB-Ausbildung, die da auf sie zukommen. Hier lassen sich leider keine pauschalen Aussagen treffen. Denn das hängt alles stark vom Gesamtkontext ab. Hier fällt beispielsweise ins Gewicht, was die Branche fordert, welche Zertifizierungen vorliegen bzw. gefordert sind, wie komplex und groß die Organisation ist, ob es einen hohen Anteil an Produkthaftungsthemen gibt etc. Der oben skizzierte Prozess kann Monate oder aber auch Jahre dauern. Daher wäre jegliche Aussage zu Aufwänden Glaskugelschauen. Erst nach einem Konzeptgespräch mit dem Auftraggeber können wir Aussagen zur ungefähren Dauer und den voraussichtlichen Kosten treffen.
Hier kann ich nur empfehlen, nicht zu sehr die kurzfristigen Kosten in den Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen, sondern den längerfristigen Nutzen und somit die Vermeidung von langfristig explodierenden Kosten und Verschwendung gegenüberzustellen. Ein Qualitätsmanagementbeauftragter, der seine Rolle richtig ausfüllt und sich darin wertgeschätzt fühlt, ist schließlich in der Lage, Optimierungsprojekte zu moderieren und umzusetzen. Als Problemlöser bringt er der Organisation einen erheblichen Nutzen.
Interpretiert die Leitung die Aufgaben des QMB hingegen nur als dokumentatorischen Job, verkommt der QMB zum Schreiberling, der letztlich schlechte Umstände positiv darstellen muss, um kurzfristig Ruhe für die anderen Abteilungen zu erreichen. An Wiederholfehlern bei Reklamationen merkt man dann schnell, dass kein Qualitätsmanagement betrieben wird, sondern lediglich Qualitätsdokumentation und der Qualitätsmanagementbeauftragte lediglich ein Alibi-QMB ist.
Das ist ein gutes Stichwort, um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Für mich sind QMB-Lehrgänge so etwas wie eine “Alibi-Qualifikation” – ganz nach dem Motto “Wir haben den doch jetzt auf Schulung geschickt, jetzt muss das Ding doch fliegen!”. Und damit dürfte auch klar sein, warum ich unser Klischee des Monats tatsächlich für kritisch halte!

QB oder QMB?
Die beiden Bezeichnungen Qualitätsbeauftragter (QB) und Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB) werden gleichwertig verwendet und sie beschreiben in der gelebten Praxis dieselbe Tätigkeit. Da beide Begriffe nicht geschützt sind, ist das auch o.k. so.
Wir bei der Rhein S.Q.M. GmbH verwenden in der Regel den Begriff “Qualitätsmanagementbeauftragter”, also abgekürzt “QMB”.
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